Die externe Qualitätskontrolle des Praxislabors beruht auf Trugschlüssen

Bei der externen Kontrolle des Einzel-Labors unterliegen Ringversuche einem Denkfehler: Abweichungen durch fehlerhaftes Arbeiten können von Zufalls-Abweichungen gar nicht unterschieden werden. Trotz fehlerfreier Arbeit kann ein einzelnes Praxislabor als ungenügend taxiert werden, wenn eine grössere Zufalls-Abweichung das Ergebnis mitbestimmt. Und wenn eine Abweichung aufgrund fehlerhaften Hantierens durch eine gegenläufige Zufalls-Abweichungen wieder aufgehoben wird, kann ein einzelnes Praxislabor trotz fehlerhafter Arbeit als gut taxiert werden. Der Labor-Ringversuch verändert die Gesetze der Stochastik nicht, er übersieht oder ignoriert sie nur. Es wäre also ein Trugschluss zu glauben, dank Qualitätskontrolle könne es Laborresultate ohne Fehler geben. Und es ist erst recht ein Trugschluss zu meinen, das Praxislabor würde dank Überprüfung im Ringversuch fehlerfrei arbeiten. Ringversuche verdunkeln so die Qualität, auf die es ankommt: Nämlich, dass der Arzt bei der Interpretation eines Laborresultates stets weiss, dass Zufalls-Abweichungen unvermeidlich und jederzeit möglich sind - und dass die Richtigkeit von Laborergebnissen nicht so sehr von der Labor-Präzision abhängen, sondern von der Variabilität der Biologie.

Schweiz. Ärztezeitung Nov. 2012  Download

Literatur

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